Kleindenkmale 3. Gedenk- und Flurkreuze
Ahns-Kreuz Krewinkel
50.7590825, 6.2934360; Q75V+J9M Stolberg
Kurz hinter Krewinkel auf Buschhausen zu an der gleichnamigen Straße rechts über den Graben am Saum des Erlbuschs steht ein Wegekreuz, das sog. Ahns-Kreuz. Es erinnert an den gewaltsamen Tod des Johann Wilhelm Ahns, Gastwirt aus Vicht.
Der habe sich an einem 23. Oktober und zwar an einem Sonntag, so heißt es im Mausbacher Pfarrbrief, ereignet. Nach der Inschrift auf dem 2021 wegen Verwitterung entfernten Denkkreuz im Jahre 1881, nach Überlieferung und dem Mausbacher Chronisten Arnold Ortmanns im Jahr 1883 und so ist es auch auf dem 2022 erneuerten Denkkreuz verzeichnet: "1883". Das Vichter Sterbebuch indes weist den Tod eines Johann Wilhelm Ahns auf Freitag, den 23. Oktober 1881 aus. Vermutlich ist ein erstes, laut Ortmanns 1930 bereits nicht mehr erhaltenes Denkkreuz 1883 errichtet und am 23. Oktober desselben Jahres, und dieser war nämlich ein Sonntag, eingesegnet worden, und es kam daher zu einer Verwechslung des Datums.
Anlass des für Wilhelm Ahns bedauerlichen Vorfalls war ein Jagdausflug mit dem Nachbarn Peter Wilhelm Wisgen aus Vicht. Sehr zum Missfallen soll sich dessen Flinte beim Sprung über einen Graben im Erlbusch bei Buschhausen entladen und Wilhelm Ahns noch verzögert im Forsthaus, aber doch vorzeitig aus dem Leben abgerufen haben. Zum Gedenken des Ereignisses wurde ein Wegekreuz aus Holz aufgestellt und in der Folgezeit erneuert.
Das zuletzt verwitterte Denkkreuz ist im Mai 2021 von Nachbarn in Sicherheit gebracht und bis auf den Stumpf in der Bodenhülse entfernt worden. Diesmal erregte die solcherweise "kahle" Stelle Missfallen. Der AGM trat daher an den Zimmerermeister Rolf Conrads heran, der daraufhin nach dem Vorbild des entfernten Kreuzes ein neues angefertigt und den Mausbachern gestiftet hat. Dieses weicht denn auch nur in der Inschrift mit Jahreszahl 1883 und damit zum Vorteil des Wilhelm Ahns vom Vorbild ab. Das neue Kreuz wurde am 26. September 2022 – Verwechslungen vorbeugend: ein Montag – im Anschluss an eine in der Barbarakapelle in Krewinkel von Pastor Norbert Bolz gelesenen Messe von demselben eingesegnet.
Ausstattung und Inschrift
- Lateinisches Kreuz, Eiche, Vierkantholz verleimt, 2.3 m hoch, 1.3 m breit, dachartige Abdeckung aus Zinkblech, Fuß in Metallhülse in Bodenplatte aus Beton verankert, im Kreuzpunkt von Längs- und Querbalken in den Ecken ausgerundete Tafel ca. 40 x 40 cm
- auf der Tafel Inschrift in Kursive "Betet / für die Seele / des hier / am 23. Oktober 1883 [2019: 1881] / verunglückten / Wilhelm Ahns / aus Vicht"
Ahns-Kreuz, 2019 und (re.) Erneuerung von 2022
Cholera-Kreuz Rothe Gasse
50.759799, 6.263705; Q757+WF8 Stolberg
Das Mausbacher Cholera-Kreuz, synonym auch "Pestkreuz" genannt, ist aktuell die Kopie einer Kopie von 1929, mit der das Kreuz von 1842 ersetzt worden ist. Die Kopie von 1929 wurde ganz überraschend vom städtischen Bauhof entfernt. Sie soll marode gewesen sein. Indes steht sie jetzt immer noch in einem Privatgarten. Dies war auch ein Argument, die Stadt Stolberg zur Erstellung der heutigen Kopie zu veranlassen. Es ist bedauerlich, dass dies nur auf die Beharrlichkeit aus der Bevölkerung zurückgeht, nach Erinnerung von Dr. F. Josef Ingermann vom AGM in einem "zähen Kampf mit Stadtverwaltung und Bauhof". Denn dieses Kreuz ist in seiner Art ein im obgleich (abtei-) frommen Münsterländchen einzigartiges Beispiel der religiösen Volkskunst.
Die 1929er-Kopie steht also in einem Privatgarten, die neue ist 2003 von Pfarrer Norbert Bolz eingesegnet worden und steht an der Rothen Gasse 91 auf der Ecke zur Derichsberger Straße. Das ursprüngliche Kreuz war im Eingang des Cholera-Friedhofs und anlässlich dessen Anlegung 1842 errichtet worden, und dieser Friedhof befand sich an der gegenüberliegenden Seite der Derichsberger Straße, südlich des Langen Ranken. Belegt worden ist er nicht. Indes forderte die Cholera durchaus unter der Bevölkerung Tribut ("Der Blaue Tod").
Das Kreuz ist bewehrt mit den lat. arma Christi "Waffen (oder: Wappen) Christi". Es sind dies die Leidenswerkzeuge, das zeichenhafte Motiv der Passion Christi, die solcherweise in formelhafter Vereinfachung als 'Lesebilder' in der Volkskunst eine große Rolle gespielt haben und so auch bevorzugt in Andachtsbildern und Erbauungsschriften vorkamen. Es werden über 30 Leidenswerkzeuge gezählt und zuweilen gehören die fünf Wundmale Christi, die Stigmata, hinzu.
Ausstattung und Inschriften
- Eiche, mit Kupfer überdacht, Höhe in Bodenhülse über alles ca. 3.05 m, Balken: 7 cm stark, längs 17 cm, quer 16.5 cm breit, Querbalken 1.3 m lang
- auf dem Querbalken, li.: Malchus-Schwert, Geißel, 30 Silberlinge, re.: Zange und Hammer, Spottszepter, Schlagstöcke
- auf dem Längsbalken von oben: Hahn auf Geißelsäule, in der Kreuzung mit dem Querbalken Dornenkrone, Herz mit drei Kreuznägeln, Abendmahl-Kelch, Sternlilie; Inschriften in Antiqua, über dem Hahn "INRI", unter dem Kelch "ANNO / 1842 / 1929", unter der Sternlilie "O / CRUX / AVE / SPES / UNICA" ("Sei gegrüßt, o Kreuz, du einzige Hoffnung")*
*für die liturgische Verwendung abgewandelter Strophenanfang aus dem lateinischen Hymnus Vexilla regis prodeunt "Das Königsbanner zieht uns voran", eine weltbekannte frühmittelalterliche Verherrlichung des Kreuzes Christi
Die untere Inschrift lenkt den Blick von den Passionswerkzeugen zurück auf das Kreuz selbst als das wichtigste der Passionsinstrumente.
Bedeutung
Man hat in den arma Christi Waffen des Sieges über Sünde und Tod und solchermaßen gegen den Teufel gerichtet gesehen. An einem Cholera-Friedhof aufgestellt mag dies allenfalls trösten, verleugnet aber auch die Verantwortlichkeit der Menschen für die Verbreitung der Seuche.
"Sei gegrüßt, o Kreuz" ist indes häufig auf Wegekreuzen anzutreffen und mag hier auch mit dem Bedacht gewählt worden sein, dass die Arbeiter aus Werth und Gressenich auf dem Weg in die Stolberger Talachse, wo sie in den Fabriken knechteten, und auch zurück das Cholera-Kreuz passierten. Dieses ermahnte in seiner Bildsprache die der Schrift eher doch unkundigen Arbeiter, dass alleine der Glaube, die "einzige Hoffnung", aus der Krise führe. Wer dem nicht folgt, mag sich erhängen, droht die Abbildung der 30 Silberlinge das Schicksal des Judas an (Zum Judaslohn 30 Silberlinge, zum Judaslohn im Brauchtum Klapperjungen). Die Passionsinstrumente wurden ambivalent als Heils- und Richtzeichen verstanden, zumal sich aus dem "Sieg über den Tod" das "Jüngste Gericht" versteht.
Wer zu grüßen und durch wen Hoffnung zu erfahren gewesen ist, zeigt das Kreuz zweimal an: Zuerst obenauf, freilich unter dem "INRI", aber dann doch dominierend der Hahn. Er erzählt die Verleugnung des Petrus, bekannt auch vom Kirchturm für dessen Reue ist er eben auch ein Symbol für die Katholische Kirche (Petruslegende: Mk 14,30; Mt 16,18), deren unanfechtbares Oberhaupt, der Papst, als Nachfolger Petri Ap. angesehen ist; die Kirche ist durch den Leib Christi geschaffen und durch den Leib der Kirche ist Erlösung. Wer dann doch der Schrift mächtig war: Der Vexilla regis wurde von Palmsonntag bis Karsamstag in der Kirche gesungen.
Cholera-Kreuz (2003) im Januar 2020
EllerbergkreuzGressenich
50.766527, 6.307947; Q885+J58 Stolberg
Von Gressenich aus in südlicher Richtung zum Ellerberg hoch, am Ende des gleichnamigen Wegs am Waldsaum, zweigt links der Weg nach Schevenhütte ab. Rechts geht es nach Krewinkel, auf dem hist. Pilgerweg am "Ahns-Kreuz" vorbei, durch Krewinkel mit links dem Hof mit Brauerzeichen und weiter über den Südrand von Mausbach in die Fleuth und da am "Donatus-Kreuz" entlang nach Vicht.
Der Weg nach Schevenhütte ist bereits in der Tranchotkarte für 1805/06 erfasst und ebenda wenig hinter der Abzweigung ein Wegkreuz.1 Soweit vermutet wird, um 1870 sei hier ein Holzkreuz errichtet worden2, dann dürfte es sich dabei, wenn die Vermutung zutrifft, also um eine Ersetzung gehandelt haben (in der preußischen Uraufnahme 1842-1850 ist das Kreuz nicht verzeichnet). Das aktuelle Kreuz ist denn auch eine Ersetzung. Der Lage am Pilgerweg wegen wird wohl seit Beginn des Pilgerwegs hier oder nahebei mithin schon vor 1805 ein Flurkreuz gestanden haben.
Ausstattung
- Passionskreuz Eisen/Zink, Höhe mit Postament ca. 1.59 m, mit Fudament über Boden aktuell ca. 2.09 m
- Balken aus Eisenrohren, ca. 4 cm ⌀, 113 cm längs, 71 cm quer; an den Enden beknöpft, im Schnittpunkt umringt (= Rad- oder Hochkreuz)
- Postament Schieferstein, 18 cm hoch auf 48 x 48 cm und 28 cm hoch auf 60 x 60 cm
- Fundament aus Feldsteinen und Beton, aktuell ca. 50 cm hoch über Boden
- Viernagelkreuzigung Zink, von Kopf bis Fuß 33 cm, im abgewinkelten Klafter 28.5 cm, Stichwunde aufgemalt und in der Form nicht vorgesehen (formähnl. und zur Erl. Viernagelkreuzigung Hausfigur Dechant-Brock-Str.)
Aktuelle Votivgaben: Blumenschmuck aus Plastik, ein Raffaels Engel aus Steinguss
Bedeutung/Provenienz
Das Ellerbergkreuz ist ein Wegkreuz zur Erbauung und Ermahnung und zur Ortsanzeige für die Pilger auf dem unmittelbar vor ihm verlaufenden Jakobsweg von Beyenburg nach Aachen.3
Der Corpus ist ein Gegenstück zu dem am "Kranzberg-"/"Donatus-Kreuz" (rund 3.3 km Luftlinie SW: 50.7458545, 6.2756070). Die Verbindung zwischen beiden Kreuzen ist der (hist.) Pilgerweg.4 Evtl. daher die gleichen, in der Formgebung und den Abmessungen identischen Corpi, die indes in industrieller Zeit – soweit Zink und dann Zinfraß vor 1950 – angebracht worden sind.
Die Anmalung der Stichwunde ist offensichtlich neueren Datums, die Gussform schon sieht diese nicht vor, woraus ein Fokus auf die Leidensdarstellung entsteht und damit einer, der hinter der Aufbruchstimmung in der Katholischen Kirche seit der Nachkriegszeit (cf. Marktkreuz) zurück bleibt.
1Topographische Aufnahme der Rheinlande durch Oberst Jean Joseph Tranchot und Generalmajor Karl Freiherr v. Müffling 1803-1820: Tranchot, Trk Bl. 88 Langerwehe (1805/06), Kartenausschnitt mit eingefügter Markierung (= Pfeil auf Ellerbergkreuz). [Allgemein zu Relikthinweisen in hist. Karten H. Haarich (2024): Relikthinweise.]
2Werner Schindler (s.a. [2024]): Stolbergs Wegekreuze, Kapellen, ... Stolberg: Stolberger Heimat- u. Geschichtsverein (Zeugen der Geschichte u. Geschichten Bd. 36). S. 106.
34Der Geodatenbasisdienst des Landes NRW tim-online (Abruf v. 17.11.2024) verzeichnet den Jakobsweg direkt am Kreuz hier als auch unweit des Kreuzes in der Flur "Am Kreuz", "Kranzberg-"/"Donatus-Kreuz", zu entlang.
Ellerbergkreuz im November 2024
Essiger Kreuz Dechant-Brock-Straße
50.759641, 6.272653; Q75F+V32 Stolberg
Am Ende der Dechant-Brock-Straße in Mausbach auf Höhe des Hauses 80 wird diese rückläufig zur Rothen Gasse hin und schließt solcherweise in einem Dreieck eine größere, von neun, denkmalgeschützten Linden gesäumte Fläche ein. Nach der Flur "Im Essig", und danach auch der frühere Straßenname bis zur Eingemeindung nach Stolberg, nannte man sie "Essiger Platz" und seitdem das Kreuz dort steht auch "Am Kreuz". Mithin seit 1900, denn in diesem Jahr wurde das Wegkreuz seiner – an Flurkreuzen häufig inhaltlich gleich – ausgebrachten Inschrift nach errichtet. Heute findet sich dort – neben dem Kreuz – ein Spielplatz.
Das Kreuz war ursprünglich wohl weiß getüncht, die Konche silbern ausgemalt und im Rahmen farbig abgesetzt. Es war mit einem Schmiedegitter umfriedet und dieses von vier Rosskastanien planmäßig begleitet. (Cf. hist. Foto) Die heute beim Kreuz zu sehenden zwei denkmalgeschützten Kastanien dürften noch aus der Zeit der Kreuzerrichtung stammen, die Linden wurden später gepflanzt (Linden und Rosskastanien). Im Hintergrund Konglomerat, evtl. vom Oberfeld aus verlagert.
Ausstattung und Inschrift
- Blaustein auf dreistufigem Podest
- Passionskreuz, Kruzifix Metall (evtl. Bronze), Kreuzestitel in Metall anscheinend zum Teil abgegangen (vermutl. "INRI"), Viernagelkreuzigung
- aktuell leere, oben muschelartige Konche in Maßwerk als Konsole für das Kruzifix
- im Abschluss des Sockels nach oben aufgebrachte Marmortafel mit Inschrift "O crux, / ave, / spes unica! / 1900" ("Sei gegrüßt, o Kreuz, du einzige Hoffnung"), Text aus der liturgischen Verwendung des Kreuzeshymnus Vexilla regis, häufig anzutreffen auf Wegekreuzen (cf. bei Cholera-Kreuz)
Reste anscheinend ursprünglicher Bemalung in Weiß und Silber.
Bedeutung
Die Stiftung des Kreuzes könnte in den Familien Dohmen oder Rösseler zu suchen sein, die in dieser Zeit hier hervorgehoben ansässig gewesen sind und u.a. hier Gastronomie betrieben haben. Im Hinblick auf die seinerzeit tatsächlich verbreitete Gläubig- und Frömmigkeit sicherlich ein Marketinginstrument. Das Wegkreuz wurde wohl auch als Station der im Rheinland seit dem 17. Jh. besonders bedeutenden Fonleichnam-Prozession (cf. Fleuther Kreuz) angelaufen.
Essiger Kreuz im November 2024
Fleuther Kreuz Süssendeller Straße
50.7526819, 6.2784820; Q73H+39H Stolberg
In Mausbach an der Süssendeller Straße 6 erinnert das sog. Fleuther Kreuz an den Standort der ehemaligen Nikolauskapelle. Der hl. Nikolaus ist der ursprüngliche Schutzpatron Mausbachs. Die ihm geweihte Kapelle wurde 1880 abgebrochen und 1902 an ihrer Statt das abgebildete Stationskreuz für die Fronleichnam-Prozession errichtet. Als solches hat es große Ähnlicheit mit dem Kreuz im Pfarrer-Ortmannspark.
Ausstattung
- Blaustein, Höhe über alles ca. 3.83 m, Kruzifix mit Fuß ca. 2 m hoch, Postament 1.49 m mit Stufen 17 und 16 cm hoch (ursprüngl. dritte Stufe aktuell auf Bodenniveau)
- Kalvarienkreuz, Arme oben und quer in freien Endungen passförmig mittig spitz dreinasig, Querbalken mit Winkelvoluten, im Schwellenfuß vorne im Halb mittig aufgelassenes Ornament (ornamental wohl als Krater, evtl. Vase gedacht; praktisch: Konsole für Monstranz, ansonsten Beschmückung)
- Dreinagelkreuzigung, Metall (evtl. Bronze), ca. 80 cm hoch
- Sockel max. 84 cm breit, 78 cm tief, vier Seiten mit Kartuschen 59.5 x 79 cm, avers und revers mit Inschrift
Einem historischen Foto an der Bildstelle des AGM nach waren der Blaustein wohl weiß getüncht und der Corpus bunt bemalt gewesen; aktuell silberfarbene Spuren am Corpus.
Inschriften
in Antiqua
- avers: Text lateinisch aus dem Cantus zu Mat 25,31: "Hoc signum Crucis / erit in co[sic!:a]elo / Cum Dominus / ad judicandum / venerit / —" [tunc manifesta erunt abscondita cordis nostri]
- revers: "An Stelle der Kapelle / errichtet 1902."
Übersetzung aus dem Lateinischen:
"Dieses Zeichen des Kreuzes wird am Himmel erscheinen, wenn der Herr zum Gericht erscheinen wird." [Dann wird das Verborgene unseres Herzens offenbar werden.]
Bedeutung
Fronleichnam hat im Rheinland wie in Bayern für die Gläubigen der Katholischen Kirche große Bedeutung gehabt. Entstanden aus einem Flur- und Feldsegen ist eine erste Fronleichnamprozession 1247 für Lüttich belegt. In der Gegenreformation war sie die wichtigste Machtdemonstration der Katholischen Kirche und setzte sich als solche im 17. Jh. im Rheinland durch. Dieser Zeit herrschten die Wittelsbacher, also Bayern, auch als Kurfürsten und Erzbischöfe von Köln. In Mausbach und Umgegend ist die Fronleichnam-Prozession bis in das Ende des 20. Jh. tradiert worden.
Fleuther Kreuz im Oktober 2024
Friedenskreuz Süssendeller Straße
50.755499, 6.283965; Q74M+5HW Stolberg
Nach Ost in der Gabelung der Süssendeller Straße links nach Krewinkel und rechts hinauf nach Süssendell steht trotz seiner beträchtlichen Höhe unscheinbar im Dickicht ein lateinisches, einfaches hölzernes Kreuz. Es ist vom Platz des Kriegerdenkmals nebenan im Horstbend transloziert worden, da es dort der 1962/63 abgeschlossenen Neugestaltung weichen sollte. Die Anregung zur Translozierung gab wohl der Mausbacher Lehrer Leo Esser. Am neuen Platz wurde es "Friedenskreuz" genannt und wie an seinem vorherigen Platz dem Gedenken der Kriegstoten gewidmet, hier denen des Zweiten Weltkriegs. Geschaffen wurde es vermutlich von Reiner Prost.
Am neuen Standort lag der sogenannte Schulwald. Der Name geht auf eine Initiative der Mausbacher Schule zurück, die 1954 den erstmals am 25. April 1952 begangenen "Tag des Baums" aufgegriffen und Absolventen angeregt hatte, hier einen Baum zu pflanzen. Gesetzt wurden überwiegend Birken, der letzte Baum 1959.
2017 wurde das Kreuz restauriert. In seiner Schlichtheit entspricht es zwar den üblichen Anforderungen an ein Friedenskreuz, jetzt im Dickicht und auf geringerer Höhe als zuvor aber nicht der nach Sichtbarkeit von nah und fern.
Ausstattung
- Lateinisches Kreuz, Eisen armiertes Vierkantholz, Eiche, verschraubt in Stahlfuß
- Höhe ca. 7.8 m, Länge Querbalken ca. 3.7 m
"Friedenskreuz" im Mai 2020
Friedhofskreuz Pfarrer-Ortmanns-Park
50.7580157, 6.2765656; Q75G+6J4 Stolberg
Im Pfarrer-Ortmanns-Park in Mausbach steht ein Kreuz, das als das große und ältere Geschwister des Fleuther Kreuzes erscheint: Es ist ein Friedhofskreuz. Denn der Pfarrer-Ortmanns-Park war vormals bis in die Nachkriegzeit hinein Friedhof. Daneben gab es noch den Kinderfriedhof, zwischen Gressenicher Straße und Düre Koof/Robert-Koch-Straße. Der auf dem Gelände des heutigen Parks aber war der eigentliche, 1873 an die Zivilgemeinde übergegangene und um dieselbe Zeit erweiterte, Mausbacher Kirchhof.
Für eben diesen wurde das Kreuz von Pfarrer Matthias Grein (1800-1883, Pfarrer 1844-1883) mit Hilfe der St.-Sebastianus-Schützen beschafft.* Errichtet wurde es laut Inschrift am 16. April 1858 (Foto ca. 1930er). Zeitnah ließ Pfarrer Grein laut der Ortmanns-Chronik "das große Stationskreuz vor der Knabenschule" aufstellen. Dieses stand wohl im Anfang der 1950er noch auf dem Markusplatz, damals "Marktplatz" geheißen. (Cf. Marktkreuz)
Ausstattung
- Blaustein, Höhe über Boden und über alles ca. 3.85 m, vierstufiges Podest 2.09 x 3.25 m
- Kalvarienkreuz, ca. 1.95 m hoch, Arme oben und quer in freien Endungen passförmig mittig spitz dreinasig, Querbalken am Längsbalken mit Winkelvoluten, Balkenstärke durchgehend 15 cm, im Schwellenfuß vorne im Halb mittig aufgelassenes Ornament (ornamental wohl als Krater, evtl. Vase gedacht; praktisch: Konsole für Monstranz, ansonsten Beschmückung)
- Dreinagelkreuzigung Metall (alterungspatiniert, evtl. Bronze), Corpus Kopf bis Fuß ca. 100 cm
- Sockel, Deckel nach unten abgestuft max. 92 cm x 88.5 cm, im Mittelteil 70 cm B, 65 cm T, vier Seiten mit ca. 86 cm hohen und 56 cm breiten Kartuschen (inkl. Rahmen)
Inschriften
stark verwittert, in Antiqua
- auf dem oberem Kreuzarm quer von links unten nach rechts oben: "JNRJ"
- auf dem Postament in der Kartusche avers deutsch nach dem Philipperbrief 2,8 im Neuen Testament; die erste Zeile ist schwer und nicht mehr vollständig zu entziffern:
"ER VERDEM[ü]TJGTE / SJCH UND WARD GEHOR / SAM BJS ZUM TODE / WAR BJS ZUM TODE / AM KREUZE / PHJL II VIII / ERRJCHTET / AM 16. APR. 1858"
Anm.: Es soll nicht berufen werden, dass Hakenkreuz-Schmierereien neuerer Zeit auf dem Sockel zu sehen seien, zumal die Hakenkreuze falsch herum drehen würden. Unterdessen ist in den Schriften des Paulus Ap., dem der Philipperbrief zugeschrieben wird, eine Quelle für historischen Antijudaismus in der Kirche, mithin auch der evangelischen, gesehen worden.
*Arnold Ortmanns (ND 2002): Die Geschichte der Pfarre Mausbach. 2. Aufl. des Nachdrucks der Ausg. von Allerheiligen 1930 in der Stolberger Zeitungs- und Akzidenz-Druckerei B. Linzen. Arbeitskreis Geschichte Mausbach. S. 20.
Friedhofskreuz Ortmanns-Park im Oktober 2024
Kranzbergkreuz (Donatus-Kreuz)Flur "Am Kreuz", Nähe Kranzberg Vicht
50.7458545, 6.2756070; P7WG+86X Stolberg
Folgt man der Fleuth von Mausbach aus in Richtung Vicht auf den Kranzberg zu (oder am Ende der Vichter Straße links dem Stichweg und dann rechts), steht auf der Flur "Am Kreuz" rechts des Weges ein Wegkreuz, seiner Inschrift nach von 1900. Bereits 1820 war hier in der Tranchot-Müffling-Karte ein Flurkreuz eingetragen1 und auch in der preußischen Uraufnahme ab 18422. Nach mündlicher Mitteilung (2019) des Mausbacher Volkskünstlers und Heimatkundlers Heinz Peters ist das jetzige, hier abgebildete, als "Donatus*-Kreuz" überliefert; vermutlich sei dort jemand vom Blitz getroffen worden3 (Sage?).
*Donatus ist ein im Rheinland beliebter Katakombenheiliger (so auch Donatus-Kapelle im Bend bei Schevenhütte). Er wurde als Wetterheiliger insbesondere zuständig gegen Blitz, Donner und Hagelschlag von den Jesuiten installiert, um der noch im 17. Jh. im Rheinland in Bräuchen als 'Beiglaube' nachwirkenden vorchristlichen Vorstellung vom Wettergott Donar entgegenzusteuern. Katakombenheilige sind bei Tiefbauarbeiten in Rom gefundene Gebeine, die getauft und auf vage Hinweise oder willkürlich zu Heiligen zusammengesetzt und mit einer Vita bedacht, dann wieder zerlegt und kommerziell oder als Gunsterweis vertrieben wurden, im Höhepunkt im 17. und 18. Jh. So ist auch der hl. Donatus nach Münstereifel gekommen.
Ausstattung, Auf- und Inschrift
- Eisen/Zink, Höhe ca. 1.75 m, auf eingelassenem 31 x 27 cm Betonsockel verschraubt
- Passionskreuz, Balken Breite ca. 10 cm, Stärke ca. 70 mm = U-Träger aus Eisenmetall, in den Enden (längs oben, quer außen) zu Gleven/Lilien (Attribut der jungfräulichen Gottesmutter) aufgebogen, Querbalken als zwei einzelne U-Trägerstücke am Längsbalken aufgenietet
- am Querbalken drei Bleche mit Aufschrift, Bleche links und in der Mitte silberfarbig gestrichen, in der Mitte gebrochen, rechts erneuert aus Weißmetall: "Rette / Deine / Seele"
- Viernagelkreuzigung Zink, von Kopf bis Fuß 33 cm, im abgewinkelten Klafter 28.5 cm (formähnl. und zur Erl. Viernagelkreuzigung Hausfigur Dechant-Brock-Str.)
- am Fuß in umlaufendem Silberanstrich Inschrift: "1900"
Bedeutung/Provenienz
Der Corpus ist ein Gegenstück zu dem des Wegekreuzes am südlichen Ende Ellerberg (rund 3.3 km Luftlinie NO: 50.766527, 6.307947). Hier wie das Ellerbergkreuz dort ein Flurkreuz nahe eines Pilgerwegs.4 Evtl. daher die gleichen Corpi.
W. Schindler deutet die in Gleven auslaufenden Kreuzarme offenbar als ornamentale Andeutungen von Blitzen, spricht selber aber eben auch von "lanzenförmigen Spitzen".5 Blitze werden im Allgemeinen mit Pfeilspitzen und meist als in Bewegung zackig oder gewellt (zuckender Blitz) stilisiert und es sind die Köcher für Blitzbündel, die an den Enden aufrollen.6 Vielleicht ist in volkssemiotischer Interpretation der Gleven eine Vorstellung entstanden, dass es hier zu einem Blitzunfall gekommen sei.
Die Aufschrift auf den Blechen ist für ein Votiv verständlich und zugleich Charakter eines Erziehungsdenkmals. Es mag sich um ein Votivkreuz handeln, falls es den Blitzschlag dort gegeben hat und dieser überlebt worden ist. Der Blitzunfall scheint bald mehr doch in den Bereich der Sage zu gehen. Wahrscheinlicher dürfte ein Ermahnungskreuz und zugleich Ortsangabe für Pilger sein. Ein Donatus-Kreuz auf dem Feld macht aber auch Sinn, die Ernte zu schützen.
An selber Stelle das Kreuz von/vor 1820 und von/vor 1850 (W. Schindler nennt es erst für 18937) ist vermutlich aus Holz gewesen und infolge der Verwitterung ist dieses hier der Inschrift nach also ein Ersatz von 1900. Zumal aus Eisen und der Gleven wegen, könnte es sich um ein von einem Friedhof versetztes Kreuz handeln.
1Topographische Aufnahme der Rheinlande durch Oberst Jean Joseph Tranchot und Generalmajor Karl Freiherr v. Müffling 1803-1820: Müffling, TM Bl. 96 Kornelimünster, Kartenausschnitt mit eingefügter Markierung (= Pfeil auf "Kranzberg-"/"Donatus-Kreuz" auf den Vichter Kranzberg zu). [Allgemein zu Relikthinweisen in hist. Karten H. Haarich (2024): Relikthinweise.]
2Preußische Uraufnahme der Rheinlande 1842-1850, Karl Freiherr v. Müffling. Kartenausschnitt mit eingefügter Markierung (= Pfeil auf "Kranzberg-"/"Donatus-Kreuz" auf den Vichter Kranzberg zu).
3Heinz Peters (2019): Mündl. Mitteilung an H. v. Laufenberg.
4Der Geodatenbasisdienst des Landes NRW tim-online (Abruf v. 17.11.2024) verzeichnet unweit den Jakobsweg.
57Werner Schindler (s.a. [2024]): Stolbergs Wegekreuze, Kapellen, ... Stolberg: Stolberger Heimat- u. Geschichtsverein (Zeugen der Geschichte u. Geschichten Bd. 36). S. 85.
6Vgl. z.B. mit zahlr. Abb.: Arthur Henkel u. Albrecht Schöne (Hrsg., 1978): Emblemata; Handbuch zur Sinnbildkunst des XVI. und XVII. Jahrhunderts. Stuttgart: J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlg.
"Am Kreuz" im Dezember 2019
Marktkreuz Markusplatz
50.757392, 6.276956; Q74G+XQ4 Stolberg
Seit 1953 steht das "Marktkreuz" auf dem Markusplatz in Mausbach. So genannt, weil der Markusplatz zu dieser Zeit noch Marktplatz hieß und Mausbach noch zur Gemeinde Gressenich gehörte.
Es hat das ursprüngliche neogotische Große Stationskreuz aus Blaustein für die Fronleichnam-Prozession ersetzt. Dessen Aufstellung war von Pfarrer Matthias Grein nach 1858 veranlasst worden (cf. Friedhofskreuz). Es dürfte der autogerechten Herrichtung des Marktplatzes zum Opfer gefallen sein. Denn es stand anders als jetzt das Marktkreuz zum Ausgang des Platzes auf die Krewinkeler Straße hin und solcherweise dem Autoverkehr wohl im Wege.
Dieses hier in Basalt ist nun ganz im Stil der Aufbruchstimmung in der Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg gestaltet: Schon die Viernagelkreuzigung zeigt eine Renaissance der Romanik an, im Wesentlich aber wird nicht mehr das seit der Gotik manifestierte Leiden in den Mittelpunkt der Darstellung gerückt, sondern Christus als Triumphator gezeigt. So trägt er hier am Kreuz auch keine Spottkrone mehr, sondern statt dieser Dornenkrone eine wahre Königskrone.
Ausstattung
- Basalt, Höhe ca. 3 m
- Schmuckloses Passionskreuz, Corpus Bronze mit Königskrone, Viernagelkreuzigung
- Sockel trapezförmig mit vorgestelltem, rechteckig abgesetztem Podest für Monstranz oder Blumenschmuck
- zweistufige Einfriedung, Vorplatz gepflastert
Marktkreuz im November 2024
Oebel-Kreuz Gressenicher Straße
50.761479, 6.283094; Q76M+H6W Stolberg
An der Gressenicher Straße 85 in Mausbach, kaum zu übersehen die Tankstelle anbei, steht ein Votivkreuz, das sog. Oebel-Kreuz. Es ist nach dem Mausbacher Johann Oebel oder dessen hier ansässigen Familie benannt. Johann Oebel hat es in der Zwischenkriegszeit bis 1930 aus Anlass seiner Rückkehr aus dem Weltkrieg 1914/18 errichten lassen.1
So mag der Kreuzfuß als eine konservative Note an Art déco, den Reformstil erinnern als unbedingt an Neogotik, wie sie für eine Errichtung in den 1870er Jahren zu vermuten wäre2. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 kam indes kein Mausbacher zu Tode, was auf die Anwesenheit des Gnadenbilds zurückgeführt wurde. Im industriellen Weltkrieg 1914-1918 wirkte dies jedoch nicht. Da wäre ein Votiv also eher angebracht gewesen und auch so passt das Kreuz ganz gut zu der angegebenen Zeit in die 1920er Jahre.
Es steht auf einer Betonplatte in einer mittlerweile mehrfach abgeänderten, rechteckigen Umfriedung, in den Ecken insges. vier stockhohe Betonpfeiler, die über drei Seiten mit Eisenketten verbunden sind. Ursprünglich umgab das Kreuz eine schulterhohe, ornamental durchbrochene Mauer. Das ursprüngliche Kruzifix stürzte infolge Windbruchs ab und wurde 1986/87 ersetzt.
Ausstattung
- Blaustein, Höhe ca. 2.85 m von oberster Podestplatte, Podest Beton insges. 1.2 x 1.80 m
- Kalvarienkreuz, ca. 1.07 m hoch, Kreuzbalken (1986/87 erneuert) längs ca. 65 cm, quer ca. 45 cm, Tiefe 12 cm
- Dreinagelkreuzigung auf Suppedaneum, Metall (evtl. Bronze)
- am Sockel oben Hängezapfen (= Konsole für Beschmückung des Kreuzes), avers in Kartusche 43.5 x 80 cm Maßwerk mit goldfarben ausgemalter Inschrift
Inschrift
in einer Textura: "IHS* / Im Kreuz / ist Heil".
*= Jesus oder: Iesus Hominum Salvator "Jesus, Erlöser der Menschen", volksetymologisch auch "Jesus, Heiland, Seligmacher"
Bedeutung
Es ist ein Votiv. Zum einen der glücklichen Rückkehr des Stifters aus dem Ersten Weltkrieg wegen. Zum andern ist die Inschrift mehrdeutig. Sie spielt auch auf Rückenschmerzen = "es im Kreuz haben" an: Am Standort wurde bis 1954 ein Bau- und Gartenhandel mit körperlich anspruchsvoller Arbeit betrieben3.
Weil der Pfarrer nicht so gut bei Fuße war, wurde das Votivkreuz – mithin nicht so ganz offiziell und ohne Nummer – seit Ende des 20. Jh.s als Stationskreuz in die solcherweise verkürzte Fronleichnamprozession (cf. Fleuther Kreuz) angelaufen.4
134 Hinweise zur Gestehung und Verwendung von Thorsten Oebel, mündl. Mitteilung an H. v. Laufenberg am 31.10.2024.
2Für 1874 angenommen von Werner Schindler (s.a. [2024]): Stolbergs Wegekreuze, Kapellen, ... Stolberg: Stolberger Heimat- u. Geschichtsverein (Zeugen der Geschichte u. Geschichten Bd. 36). S. 102.
Oebel-Kreuz im Oktober 2024